Eindrücke der Kinder in Serang Gumba

Eindrücke der Kinder in Serang Gumba

Die Kinder sind einfach wunderbar.

Es ist unser letzter Tag auf dem Trek, bevor wir das Kloster erreichen. Und auch der längste. Wir sind 2000 Höhenmeter und 12 Stunden unterwegs. Wir sind müde, die Beine schmerzen und der Weg scheint kein Ende zu nehmen. Vor uns liegt ein weiterer, steiler Anstieg hoch zu einer kleinen Stupa. Plötzlich höre ich Kinderstimmen, dann wieder nichts. Ich denke ich habe mich getäuscht.

Oben angekommen werden wir überrascht. Zwei der Schüler (beste Freundinnen, eine 10 und eine 14 jährige, die beide auch noch den gleichen Namen haben) sind uns fast zwei Stunden entgegen gelaufen! Die Kleine erinnert mich an meine Tochter.

Wir werden schüchtern, aber sehr herzlich begrüßt. Beide haben eine große Kanne Tee und Kekse den Berg hoch geschleppt. Es ist ein wunderschöner, rührender Empfang.

Als wir später, kurz vor Einbruch der Dunkelheit im Kloster ankommen, hören wir Gesang aus der Baracke, wo die Kinder bis heute untergebracht sind. Aktuell leben hier 38 Kinder in einer Holzbaracke mit zwei Räumen: einer für die Mädchen, einer für die Jungen. Das ganze Gebäude ist nicht größer als 40qm und nicht beheizt. Nachts herrschen hier bereits jetzt im September Temperaturen unter 0 Grad.

Wir stürzen gleich hin und möchte keine Sekunde verpassen. Wir freuen uns und die Kids sind etwas verwundert, dass eine Handvoll Langnasen ihre Gesichter (und Kameras) durchs Fenster schieben. Mir wird erst später klar, dass sie gerade für die große Willkommensfeier für uns am zweiten Tag proben und wir sie überrascht haben.

Und groß ist die Feier wirklich. Vor dem großen Tempel begrüßt uns Rimpoche Jigmae und hält eine Ansprache. Die Kinder führen nacheinander auf, was sie vorbereitet haben: Tänze, Theater und Gesang. Alle Nonnen und Mönche sind gekommen. Sogar die Dorfältesten aus der Nachbarschaft haben sich auf den Weg gemacht.

Meine schönste Erinnerung ist das gemeinsame Frühstück mit den Kindern. Das gemeinschaftliche, perfekt synchronisierte und herzliche „good morning“, sobald ich den Raum betrete. Strahlende Gesichter, die mich schüchtern und zugleich neugierig anschauen.

Die Küche ist verraucht, die Wände und Balken schwarz vom Ruß. Es ist dunkel. In der Mitte brennt ein Feuer. In zwei riesigen Töpfen darauf kocht Wasser und Tee. Der Raum ist der einzige warme Platz um diese Uhrzeit. Hier treffen sich die Kleinen jeden Morgen. Sie sind sehr selbstständig: sie kommen alleine und meist pünktlich (was in Nepal bereits ein kleines Wunder ist…) in den Raum, nehmen sich einen Teller und einen Becher. Nach dem Essen wäscht jeder sein Geschirr selber am Brunnen draußen ab und bringt es zurück. 

In Erinnerung bleibt mir auch der Morgenappell vor dem Start des Unterrichts. Pünktlich um 9h versammeln sich die Kinder auf dem Platz vor der der Baracke in der sie wohnen. Alle stellen sich in Reih und Glied vor Luna auf. Luna ist Lehrerin und hauptverantwortlich für die Kinder. Sie ist auch so etwas wie eine Ersatzmutter für die ganze Gruppe. Es folgt ein ausgiebiger Hygienecheck für jeden einzelnen. Hände gewaschen? Fingernägel sauber? Keine Dreck hinter den Ohren? Zähne geputzt? Keine Läuse auf dem Kopf? So lernen die Kids, auf sich selber zu achten. Das ist für das 

Leben auf dem Land überlebenswichtig. So können Krankheiten vermieden oder zumindest erkannt werden.

Auch im Unterricht wird viel gesungen. So werden Inhalte nachhaltig transportiert. Die Kinder üben auch, wenn die Lehrerin einmal nicht im Raum ist. Sie sind sehr motiviert und diszipliniert. Sie geben sich viel Mühe, denn sie wissen, das die Schule ihre beste Chance ist.

Ursprünglich sind alle Waisen von dem großen Erdbeben in 2015, die das Kloster aufgenommen hat. Das Epizentrum liegt nur ca. 20km entfernt – entsprechend groß war der Schaden. Viele Kinder haben damals ihre Eltern verloren. Heute gehen auch andere Kinder aus der Region dort zur Schule.

Die Schule ist nicht nur eine Chance für die Kinder, sondern für die ganze Region. Wenn die Kinder ihre Schulzeit abgeschlossen haben, werden viele in die umliegenden Dörfer zurück kehren und dort das Wissen teilen, dass sie sich angeeignet haben.

Bevor wir zurück fliegen, verabschiede ich mich von den beiden großen Schülerinnen, beide 14 Jahre alt. Sie verstehen gut Englisch, trauen sich aber noch nicht frei zu sprechen. Als ich gehe, drehen sich beide um und rufen mir zu „vergiss uns nicht“. Das werde ich nicht – niemals.

Zu unserem Serang Primary School Projekt

 

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